Der Papagei von Isfahan - so hieß ein Kinderbuch, das ich vor ewigen Zeiten gelesen habe. Worum es ging, weiß ich nicht mehr, aber seitdem ist Isfahan für mich ein Sinnbild für den Orient. Prunkvolle Moscheen, fremdartige Gewürze und Gerüche, Farbenpracht und Teppichhandel - lauter Klischees vom Orient, die sich in meinem Kindskopf festgesetzt haben. Jetzt kann ich sagen: Alles stimmt. Mit den Teppichen, die es im Basar in unzähligen Läden zu kaufen gibt, könnte man das Ruhrgebiet auslegen. Und die Moscheen am zentralen Naqsch-e Dschahan-Platz sind Kunstwerke in wüstengelb und lapislazuli. Ausgeschmückt mit handgearbeiteten Keramikmosaiken vom Boden bis zur Spitze der prachtvollen Kuppeln. 


Naqsch-e Dschahan

Isfahan, das ist die Hälfte der Schönheit der Welt, behaupten die Isfahaner - sagt unser Reiseleiter. Das ist vielleicht etwas hoch gegriffen, aber der Naqsch-e Dschahan-Platz gehört ganz sicher zu den schönsten der Welt. Ein Rechteck, mehr als 500 Meter lang, eingefasst von zweistöckigen Arkaden, zwischen denen sich zwei große Moscheen und ein Königspalast erheben. An einer Stirnseite beginnt der große Basar. Doch neben der beeindruckenden Architektur ist der Platz vor allem eines - eine grüne 0ase für die Menschen. Ein Großteil der Fläche ist einfach Rasen. Als wir morgens dorthin kommen, denke ich wie selbstverständlich, dass das Betreten strengstens verboten ist, an so einem ehrwürdigen Ort. Doch völlig falsch geraten. Nach und nach machen es sich immer mehr Familien, Gruppen, Paare auf der Wiese gemütlich, zum Picknick, um in der Sonne zu liegen oder mit den Kindern zu spielen. 

 

Zayandeh Rud

Mitten durch Isfahan fließt der Zayandeh Rud, ein ehemals mächtiger Strom. Als wir dorthin kommen, herrscht Feierstimmung. Das hat bestimmt damit zu tun, dass es den Fluss nach dem Hochwasser vor drei Wochen überhaupt gibt. Denn die meiste Zeit des Jahres ist sein Bett heutzutage trocken oder wird von einem schmalen Rinnsal durchflossen. Jetzt reicht der Fluss tatsächlich von einem Ufer zum andern und strömt mit Getöse durch die Rundbögen der historischen Brücken. 

 

Auf einer Brücke gibt ein älterer Mann den Alleinunterhalter. Er singt und tanzt, die Zuhörer klatschen im Takt, Partystimmung auf Persisch. Unzählige Fotos werden geschossen, von Touristen und Einheimischen, die auf der Brücke sitzen und den Blick aufs Wasser genießen. Isfahan, an diesem sonnigen Apriltag wirkt das für uns wie pure Lebensfreude.


PS: Im Internet lesen wir, dass 2014 in Isfahan mehrere Frauen Opfer von Säureanschlägen wurden,  vermutlich, weil sie es mit der Kleidung zu locker genommen haben. Ein Täter wurde nicht gefasst. Zu der Zeit debattierte das iranische Parlament über ein Gesetz „zur Förderung der Tugend und zur Verhinderung des Lasters“. Unmittelbar vor den Anschlägen soll ein Imam in Isfahan in der Freitagspredigt gefordert haben, dass “unzüchtig” gekleidete Frauen mit mehr als nur Worten bestraft werden sollten.

weiter                                                                  

zurück zum Start  


Persienreise
Unterwegs im Morgenland