Im Waschhaus begutachtet - Hochzeitszeremoniell 


Während der langen Busfahrten durchs Land berichtet unser Reiseleiter über Brauchtümer im Iran. Und dabei antwortet er auch auf viele Fragen, die wir Europäer haben: 

Wie soll ein Paar sich finden, wenn Frau und Mann sich bei Begegnungen nicht ansehen, sondern aneinander vorbeisehen müssen - wie es die Religion früher vorschrieb? Da braucht es fachkundige Hilfe anderer: Brautschau und -auswahl war und ist noch heute in traditionellen iranischen Familien Müttersache. Und wo ist öffentlicher Raum, in dem die zukünftige Schwiegermutter ein Mädchen in Augenschein nehmen kann? Im Hamman fallen die Hüllen. Dort können die weiblichen Verwandten von potentiellen Brautleuten zusammentreffen, und Mutter und Schwestern des heiratsfähigen Mannes können begutachten, was das Mädchen unter seinen Tüchern verbirgt. Erst dann kommt der zweite Schritt, beide Familien treffen zusammen...

So war es früher. Inzwischen findet in traditionellen Familien die Brautschau in der Moschee statt. Danach geht es noch immer wie früher weiter. Das Gespräch der Familien folgt einem festen Ritual. Zunächst gibt es ein warming up, man redet über dies und das. Dann wird es ernst. Der Brautvater beschreibt die wirtschaftliche Lage des Sohnes, seine Arbeitssituation, den Verdienst. Jetzt ist es am Vater der Braut, das Gespräch zu beenden oder mit der Aushandlung des  „Brautgeldes“ fortzufahren. Das wird in Goldmünzen festgelegt und kann durchaus dem Wert einer Wohnung oder eines Hauses entsprechen. Der Preis richtet sich unter anderem danach, wie ehrbar die Abstammung des Mädchens ist. 

In traditionellen Zusammenhängen im Iran, in denen nur der Mann für die wirtschaftliche Absicherung zuständig ist, ist das unverzichtbar, denn eine staatlich organisierte Vorsorge gibt es nicht. Bei einer Trennung oder beim Tod des Mannes steht mit dem Brautgeld für Frau und Kinder eine Ressource zur Verfügung. Erst wenn auch hierzu eine Einigung erzielt ist, wird der Hochzeitstermin vereinbart und ein großes Fest geplant. 

Bei einem modernen Paar kann das aber auch ganz anders aussehen. Ein junger Iraner erzählt uns, dass er seine Frau beim Studium kennen gelernt hat und beide sich entschlossen haben zu heiraten - einfach für sich, ohne Rücksprache mit den Eltern und ohne teure Feier. Hochzeitsfotos mit weißem Kleid haben sie gemacht - allerdings erst zwei Jahre später und ohne jeden Aufwand. Das Brautgeld betrug hundert Goldmünzen, aber nur symbolisch. Sie wurden nicht gezahlt, weil auch die Frau berufstätig ist und das Geld für den Kauf einer Eigentumswohnung gebraucht wurde. 

Ganz besonders beeindruckt hat uns eine außergewöhnliche Verbindung zwischen Mann und Frau: die von den Geistlichen abgesegnete „Ehe auf Zeit“. Sie kann von 30 Minuten bis zu vielen Jahren andauern. Mann und Frau einigen sich auf Dauer und Brautgeld, schließen ihren Ehebund - ganz ohne Zeugen und Dokumente - und trennen sich dann wieder nach Ablauf der vereinbarten Zeit. Ach so: Prostitution ist im Mullahstaat natürlich streng verboten. 


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