Teheran - eine andere Welt? 


Ankunft Flughafen Ayatollah Khomeini. Ortszeit 0.40 Uhr. Fast 16 Stunden ist es her, dass wir in Essen losgefahren sind. Teheran kann ganz schön weit sein - wenn man in Dubai zwischenlanden muss.  Als das Flugzeug endlich steht, beginnt die Maskerade. Frauen, die noch kein Tuch auf dem Kopf haben, kramen in ihren Taschen. Nicht nur bei uns war die Auswahl der korrekten Damenoberbekleidung ein mehr als abendfüllendes Thema. Ab jetzt herrscht Kopftuchzwang, haben wir gelernt, und die weiblichen Formen werden durch Schlabberlook verhüllt. Da versteht der Ayatollah keinen Spaß.


Nächster morgen, Teheran, erster Eindruck. Gesichtslose, helle Hochhäuser und Wohnblocks im Norden der Stadt, beige und mattweiß die vorherrschenden Töne, breite Straißen, Verkehr bis zur Verstopfung, eine Großstadt voller Kleinwagen. Irgendetwas architektonisch beeindruckendes, schönes? Erstmal Fehlanzeige. Was wir sehen, könnte auch in Vorstädten in Südfrankreich oder Spanien liegen, bis auf die persischen Schriftzeichen - und die Kopftuchmode. Manche Frauen tragen sie elegant, mit schicken Blusen und Sonnenbrille, andere bevorzugen den schlichten schwarzen Einteiler. Um uns herum großstädtischer Trubel wie in vielen Metropolen der Welt, Menschen unterwegs, von der Arbeit, beim Einkaufen. Augen zu, Augen auf, ist hier der Gottesstaat?


Wo sind die Mullahs?

Und dann merken wir: Da fehlt doch was. Wo sind die Zeichen der dunklen  Macht? Wo sind die riesigen Ayatollahbilder an Hauswänden, die uns das Fürchten lehren sollen? Wo sind die Polizisten und Revolutionswächter, wo ist das mulmige Grundgefühl, das wir erwartet haben? Auf Anhieb nicht zu finden. Das war schon im Flughafen so, kaum Sicherheitsbeamte, keiner, der einem das Fotografieren verbietet, stattdessen Chaos und Durcheinander bei der Zahlstelle fürs Visum, wo Beamtinnen und Touristengruppen gleichermaßen überfordert waren. Die einen verwechselten dauernd die Pässe, die anderen wussten nicht, wieviel Geld sie wo bei wem bezahlen müssen, und liefen planlos hin und her.


Ausflug zum Schah-Palast

Bis zur islamischen Revolution residierten hier Diktator Reza Pahlevi und seine schöne Farah Dibah in einer angenehmen Gartenlandschaft über der Stadt. Das Ganze ist jetzt ein Museum. Wir besichtigen den weißen Palast von Farah Dibah. Eine Art Villa Hügel, nur kleiner und freundlicher. Statt dunkler Holztäfelung helle Wände. Vieles quadratisch, gediegene Wohnräume, ein repräsentatives Büro, ein Besprechungsraum, ein Veranstaltungssaal, luxuriös, erlesen, mit allerhand Kunst verschönert, die auf Erklärtafeln beschrieben wird. Westlich, europäisch wirkt das 

alles. Wir wundern uns, dass die Ayatollahs das zur Besichtigung haben stehenlassen.  Es gibt auch keine Distanzierung oder Indoktrinierung nach dem Motto: Guckt mal, wie euer gottloser Ex-Unterdrücker in Saus und Braus gelebt hat. Nichts dergleichen - bis auf eine symbolträchtige Statue draußen vor der Tür. Da steht der Schah von Persien, überlebensgroß - allerdings nur noch die Beine. Das Oberteil wurde irgendwann abgeschlagen.


 

„Hier sind wir privat.“

Später sind wir essen in einem netten Restaurant in einem edlen, kleinen Einkaufszentrum. Persische Gerichte, selbstgemachte Cola, Tee mit Rosenblüten. Am Nachbartisch sitzen drei junge Frauen ganz in schwarz und spielen Jenga. Sie lachen, haben offensichtlich gute Laune, eine hat ihr Kopftuch lässig nach hinten abrutschen  lassen und trägt die Haare offen. Ich stutze, schaue wieder hin, sie lächelt mir, dem ungläubigen Touristen,  freundlich zu, ohne jede Verlegenheit. Hier geht das, sagt unser Reiseleiter später, hier sind wir privat. Wir haben zwei Leben, ein öffentliches und ein privates. Und da unsere Gruppe aus Deutschland kommt, fügt er erklärend hinzu: Wie früher bei Ihnen in der DDR.

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Unterwegs im Morgenland